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Böker 150 Jahre: Werksbesuch in Solingen

Böker fertigt bereits seit dem 17. Jahrhundert Messer in der Messerhauptstadt Solingen. Heute sind sie eine der führenden Messermarken der Welt. Vom Hauptsitz in Solingen versorgt Böker die Messerwelt mit allerlei verschiedenen Sorten und Typen von Messern, von Taschen- und Küchenmessern bis hin zu Scheren und Survivalmessern.

150-jähriges Jubiläum von Böker

Das Unternehmen Heinr. Böker & Co wurde 1869 gegründet, was bedeutet, dass Böker im Jahre 2019 das 150-jährige Bestehen feiert. Wir wurden zur Feier im Mai 2019 eingeladen und haben die Gelegenheit genutzt und die Manufaktur in Solingen besichtigt. Wir durften uns alles in der Produktion anschauen und nehmen euch jetzt auf eine virtuelle Tour mit. Außerdem erzählen wir euch mehr über Böker als Messerunternehmen.

Besuch im Böker Museum, das sich in einem der alten Gebäude befindet

Böker als internationales Messerunternehmen

Bereits seit den Anfängen des Unternehmens von Böker verfolgt das Unternehmen einen internationalen Gedanken. So haben Familienmitglieder beispielsweise Unternehmenssitze in den Vereinigten Staaten und Mexiko eröffnet. Damit ist Böker eines der ältesten multinationalen Unternehmen der Welt, vor allem in der Messerwelt. Sie können also eine lange und intensive Unternehmensgeschichte vorweisen. Böker steht heute für eine lange, erfolgreiche Geschichte mit viel Erfahrung.

Böker Manufaktur vs Böker Plus

Viele Menschen fragen sich, was der Unterschied zwischen Böker Plus und Böker Manufaktur ist. Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: Die Messer der Böker Manufaktur werden in Solingen produziert. Böker Plus werden außerhalb von Deutschland gefertigt, hauptsächlich in China, aber auch in Italien, Spanien und den Vereinigten Staaten.

Böker Arbolito

Dann gibt es da noch Böker Arbolito. Das sind Messer, die in der Böker-Fabrik in Argentinien hergestellt werden. In dieser Fabrik werden hauptsächlich Jagdmesser gefertigt.

Die Böker Manufaktur in Solingen

Die Böker Manufaktur in Solingen

Man könnte eigentlich sagen, dass Böker eine „Fabrik“ hat, das klingt aber sehr industriell. Denn Böker führt eigentlich sehr viele Arbeitsschritte von Hand aus. Da passt der Begriff „Manufaktur“ deutlich besser.

Das heutige Gebäude stammt aus den späten 90er-Jahren, dann haben die Eigentümer entschieden, dass es an der Zeit für ein moderneres Gebäude war. So wurde also ein neues Gebäude neben der alten Fabrik errichtet. Dort gibt es ausreichend Platz für die verschiedenen Bereiche des Unternehmens: Büro, Produktion und Logistik.

Klassische Produktion

Solch ein modernes Gebäude bedeutet nicht, dass Böker den Grund ihres Erfolgs vergessen hat. In der Produktion von Böker werden bereits von Anfang an viele Arbeitsschritte von Hand ausgeführt. Einige Modelle sind seit dem ersten Jahr, also 1869, im Sortiment!

Natürlich gibt es Maschinen, jedoch werden alle von erfahrenen Mitarbeitern bedient. Ein Messer kann sich immerhin nicht alleine entlang einer Bandschleifmaschine führen und auch nicht alle Löcher können automatisch gebohrt werden. Manche Menschen denken, dass man auf der einen Seite der Maschine eine Stahlplatte und Griffmaterial hineinwirft und dass dann auf der anderen Seite der Maschine ein Messer herauskommt. Das ist aber natürlich nicht der Fall.

Zum Beispiel sehen wir hier die alten Stanzmaschinen, die noch immer verwendet werden, um verschiedene Teile des Messers auszustanzen, von Klingen bis hin zu Unterlegscheiben. Hierfür werden Maschinen benutzt, die teilweise schon älter als 100 Jahre sind. Natürlich könnten hier auch neue Maschinen stehen, aber Böker weiß, dass neue Maschinen nicht immer das leisten können, was die alten, bekannten Maschinen können. Hier legen Mitarbeiter von Hand Material in die Maschinen.

Klingen mit Hohlschliff. Jede Klinge wird von Hand überprüft.

Klingen: flach und hohl

Ein Messer ist nichts ohne eine gute Klinge. Böker ist bekannt dafür, dass sie viele verschiedenen Stahlsorten nutzen, vom klassischem Kohlenstoffstahl bis hin zum berühmten Solinger Silberstahl aber auch High End- und Pulverstahlsorten. Ein flaches Stück Stahl ist schön, aber eine Klinge muss schon dünn ausgeschliffen werden, damit sie gut schneidet.

Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten, aber die häufigsten Optionen sind der Flach- und der Hohlschliff. Man sieht häufig, dass sich Hersteller für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden und sich darin spezialisieren. Böker ist einer der wenigen Unternehmen in Europa, das sowohl den Hohl- als auch den Flachschliff beherrscht. Sie entscheiden einfach für jedes Design und jede Stahlsorte, was die beste Lösung ist.

Griffe in Handarbeit

Jedes Messer benötigt einen Griff. Böker arbeitet in der Solinger Manufaktur gerne mit natürlichen Materialien wie Holz und Horn. Das sind auch Materialien, die nicht immer in gängigen Größen und Formen geliefert werden können. Darum gibt es eine eigene Abteilung, in der Mitarbeiter das Material für die Produktion vorbereiten. Hirschhorn wird gekocht, gerade gebogen und anschließend so abgeflacht, dass es perfekt auf das Messer passt. Ein Meisterzimmermann steht den ganzen Tag an einer Kreissäge um Holzblöcke zu sägen, die dann für verschiedene Messer benutzt werden können.

Ein Mitarbeiter arbeitet an der Fräsmaschine, um von Hand Griffschalen aus Holz zu fräsen. Die Feinarbeit erfolgt bei der Montage auf Schleifbändern. Bei manchen Messern wird auch die CNC-Fräsmaschine verwendet, die die Griffschalen vorbereitet. Das ändert aber nichts daran, dass die Griffschalen anschließend von Hand am Messer befestigt werden.

Die Menschen hinter den Messern

Für eine Marke wie Böker fertigen Menschen die Messer. Durch die vielen Arbeitsschritte von Hand benötigt Böker sehr erfahrene Mitarbeiter. Da es keine echte Berufsausbildung zum Messermacher gibt, bildet Böker viele Mitarbeiter selbst aus. Junge Menschen kommen von nah und fern nach Solingen, um bei Böker alles über die Messerherstellung zu lernen.

Jedes Messer wird von einem Böker-Experten zusammen gebaut.

Montage und Finish

In der Montageabteilung findet man die besten Mitarbeiter von Böker, die schon seit 20 Jahren oder länger für das Unternehmen arbeiten. Immerhin entscheiden die letzten Schritte mit, ob man das Messer zerbricht oder doch ein perfektes Messer in Händen hält, denn es geht um die Feineinstellungen des Verriegelungsmechanismus, den Lauf der Klinge und das Vernieten der Stifte des Slipjoints.

Es ist kaum vorstellbar, dass dies auch heute in Europa noch mit so viel Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail gemacht wird.

Von Hand werden die Stifte abgeflacht, um die Taschenmesser zusammenbauen zu können. Die Mitarbeiter sitzen auf niedrigen Hockern vor Schleif- und Poliermaschinen, um alle Oberflächen perfekt zu bearbeiten. Mit einer Säulenbohrmaschine wird die Aussparung für das silberne Böker-Logo gebohrt. Es ist kaum vorstellbar, dass dies auch heute in Europa noch mit so viel Aufmerksamkeit und Liebe zum Detail gemacht wird.

Böker Rasiermesser

Auch die Produktion von Böker Rasiermessern durften wir uns anschauen. Jedes Rasiermesser durchläuft 18 Schritte, bis die Klinge im typischen Böker-Rasierstil geformt ist. Von Hand werden die Klingen geschliffen, bis sie den berühmten Böker-Hohlschliff aufweisen. Böker ist ein echter Experte darin. Manche Schritte, die von Hand ausgeführt werden, sind ein Betriebsgeheimnis. Deshalb durften wir hier auch keine Fotos machen.

Qualitätskontrolle: jedes Messer unter der Lupe

In einem separaten Raum der Fabrik überprüfen erfahrene Damen den ganzen Tag lang alle Messer, die die Fabrik verlassen. Mit Handschuhen und einem Poliertuch wird jedes Messer begutachtet. Sie testen, ob jedes Messer gut funktioniert und jede Unregelmäßigkeit bedeutet, dass das Messer zurück in die Produktionshalle wandert.

Wenn diese Damen mit der Überprüfung fertig sind, legen sie ein Papier mit einer Art Personalnummer zum Messer, bevor das Messer die Solinger Manufaktur verlässt. So kann man bei einer eventuellen Reklamation sofort sehen, wer das Messer geprüft hat.

Der Böker-Baum

Erst, wenn das Messer komplett geprüft und für gut befunden wurde, wird es mit dem Böker Kastanienbaum versehen. Dieses Logo steht schon seit sehr langem für Solinger Spitzenqualität. Es stellt einen Kastanienbaum dar, der ursprünglich neben dem Gebäude von Böker stand, der aber bei einem Unwetter beschädigt wurde. Im Böker-Museum hinter der heutigen Manufaktur hängt noch eine Holzschnitzerei des Logos, das aus dem ursprünglichen Kastanienholz des Böker-Baums gefertigt wurde.

Die Marke Böker mit dem Kastanienbaum geht schon auf das Jahr 1674 zurück, also noch vor der Gründung des heutigen Messerunternehmens. Dies kam erst heraus, als 2017 beim mexikanischen Teil der Familie Unterlagen auftauchten, die wohl während des Kriegs verloren gingen.

Für die verschiedenen Ländern, in denen Böker aktiv ist, wurde der Name „Böker Baumwerk“ folgendermaßen übersetzt: Böker Treebrand für die englischsprachigen Länder und Böker Arbolito für die spanischsprachigen.

Eine beeindruckende Erfahrung

Mit eigenen Augen zu sehen, wie viel in solch einer Werkstatt von Hand gearbeitet wird, war wirklich beeindruckend. Wenn man durch die Böker-Fabrik läuft merkt man, dass die Mitarbeiter stolz auf die Marke und die Messer sind. Vom groben Stanzen bis hin zu Feinarbeiten: überall werden Arbeitsschritte von Hand ausgeführt. In einer Zeit, in der die großen Messermarken abhängig von vielen CNC-Fräsmaschinen sind, die computerbetrieben werden, ist es fast schon eine Wohltat zu sehen, dass die meisten Messer bei Böker ohne CNC gefertigt werden.

Das bedeutet auch, dass man einem Messer die Handschrift eines Mitarbeiters ansehen kann, vor allem natürlich, wenn mit natürlichen Materialien gearbeitet wurde. So hat jedes Messer seinen eigenen Charme und ist einzigartig. Was allen Messer jedoch gemein ist: sie tragen alle voller Stolz das Böker-Logo mit dem Baum.