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Messerstahl

Beinahe alle Messer sind aus Stahl hergestellt. Allerdings ist das eine Stück Stahl besser und das andere nicht. Um die Unterschiede zu begreifen, folgt hier ein Stück Basiswissen über Werkzeugstahl.

Stahl vs. Eisen

Als Stahl werden metallische Legierungen bezeichnet, deren Hauptbestandteil aus dem chemischen Element Eisen (Fe) ist. Roheisen besteht aus dem Element Eisen und einem Kohlenstoffanteil. Für reines Eisen gäbe es wohl nur recht wenige Verwendungszwecke.

Werkzeugstahl

Werkzeugstahl ist Stahl, der geeignet ist, um Werkzeuge wie Messer, Beile und andere Teile herzustellen.

Das wichtigste Element, das dem Stahl beigefügt wird, ist Kohlenstoff. 1 - 2% beigefügter Kohlenstoff macht es möglich, Stahl zu härten.

Muss der Werkzeugstahl rostfest sein, wird dem Stahl noch ungefähr 8 - 30% Chrom beigegeben. Es wird kein Nickel verwendet, um Werkzeugstahl rostfest zu machen, da dieser das Härten hemmt.

Neben Kohlenstoff und eventuell Chrom werden manchmal noch andere Elemente hinzugefügt, um die Qualität des Stahls in bestimmten Punkten zu verbessern. Die bekanntesten Elemente sind Vanadium und Molybdän. Der Einfluss dieser Elemente wird in diesem Artikel nicht beschrieben, da diese Materie sehr komplex ist.

Struktur

Es ist sehr wichtig zu wissen, dass allein die Zusammensetzung einer Stahlsorte nichts über die Eigenschaften des Stahls aussagt.

Stahl besteht nämlich aus Eisenkristallen, die in verschiedenen Formen vorkommen (mit Formen meinen wir die Anordnung der Atome) und verschiedene Größen haben können. Zusätze wie Kohlenstoff können sich in den Kristallen befinden oder in diversen Formen zwischen den Kristallen. Kohlenstoff kann zum Beispiel als Kügelchen oder Scheibchen zwischen den Kristallen sitzen, aber es kann sich auch an die Eisenatome binden (Karbide).

Wie der Stahl aufgebaut ist, hängt also nicht allein von seiner Zusammensetzung ab, sondern auch von den Behandlungen, denen der Stahl unterzogen wurde. Hier ist an Wärme- und Kältebehandlungen und schmieden (= das Formgeben des Stahls in fester Form, mittels Verformung) zu denken.

Härten

Wenn sich der der flüssige Stahl (mit 1 - 2% Kohlenstoff) langsam erwärmt, werden sich die Atome bei verschiedenen Temperaturen verschieden anordnen. Das geschieht, weil sich die Atome bei zunehmender Temperatur immer schneller anfangen zu bewegen und immer mehr Bewegungsfreiheit nötig haben.

Bei Temperaturen über ca. 200°C sind die Atome in der Lage, eine andere Anordnung anzunehmen. Unter 200°C ist das nicht möglich, und die Struktur bleibt wie sie ist.

Zwischen ca. 200° und 700°C formen sich die sogenannten Ferrit-Kristalle (Ferrit ist ein Name für die Anordnung von Eisen- und Kohlenstoffatomen, genau wie Austenit und Martensit).

Bei Ferrit-Kristallen sitzen die Eisenatome dicht aufeinander, und es gibt keinen Platz für die Kohlenstoffatome zwischen den Eisenatomen. Darum setzt sich der Kohlenstoff an den Rändern der Ferrit-Kristalle ab. Ferritischer Stahl ist weich und zäh. Er wird als Konstruktionsstahl verwendet, ist aber nicht als Werkzeugstahl geeignet.

Über 700°C nehmen die Eisenatome eine andere Anordnung an. Es formen sich Austenit-Kristalle.

Bei Austenitkristallen ist zwischen den Eisenatomen Platz für die Kohlenstoffatome. Wenn der Stahl einige Zeit über einer Temperatur von 700°C gehalten wird, dann verlagern sich die Kohlenstoffatome von den Rändern der Kristalle in die Zwischenräume der Eisenatome innerhalb der Kristalle.

Um den Kohlenstoffatomen keine Chance zu geben, die Kristalle zu verlassen, wird der Stahl in dieser Phase sehr schnell unter 200°C abgekühlt (z. B. Tauchbad in Wasser oder Öl). Weil die Kohlenstoffatome jetzt quasi im Weg sind, können sich die Eisenatome nicht mehr zu Ferrit-Kristallen anordnen. Stattdessen formen sich Martensit-Kristalle.

In dieser Form ist der Stahl deutlich härter, und man bezeichnet ihn als gehärteten Stahl.

Diese Erklärung hört sich vielleicht unkompliziert an, aber es gibt viele Parameter, die das Ergebnis beeinflussen, z. B. die Struktur des Stahls vor dem Härten, die exakte Temperatur, die Zeitspanne des Erwärmens, die Schnelligkeit des Abkühlens und der Einfluss von anderen Elementen, die bewusst zugefügt wurden oder unabsichtlich als Verunreinigung im Stahl sitzen.

Tempern ("aufweichen")

Nachdem ein Stück Stahl gehärtet ist, ist es für den Gebrauch zu spröde und sitzt voll mit inneren Spannungen. Die Methode, die Sprödheit und Spannungen heraus holt, nennt man tempern.

Beim Tempern wird der Stahl während einiger Stunden auf 200 - 300°C erwärmt. Bei dieser Temperatur ordnen sich die Kristalle neu, wodurch innere Spannungen und Sprödheit abnehmen.

Die Zeitspanne ist dabei kritisch, weil der Stahl immer weicher wird.

Härte

Härte ist der Widerstand von Stahl gegen permanente Verformung, auf mikroskopischem Niveau.

Die Härte von Stahl wird gemessen, indem ein spitzer Gegenstand mit einer bestimmten Kraft gegen den Stahl gedrückt und dann die Stärke des Abdrucks gemessen wird.

Die Härte bei Werkzeugstahl wird in Rockwellhärten C ausgedrückt, oft abgekürzt als HRC.

Härte von Messerstahl

Die nachstehende Tabelle gibt eine pauschale Übersicht über die Eigenschaften von Messerstahl mit verschiedenen Härten.

  • Bis 52 HRC: Zu weich zur Messerherstellung
  • 52-54 HRC: Relativ weicher Stahl, vernünftige Qualität
  • 54-56 HRC: Die Härte vieler französischer Kochmesser. Der Stahl ist hart genug für den Gebrauch in der Küche, aber um das Messer scharf zu halten, ist regelmäßiger Gebrauch eines Wetzstahls nötig. Messer mit dieser Härte sind meistens gut zu schleifen.
  • 56-58 HRC: Härte, die bei professionellen deutschen Küchenmessern verwendet wird. Messer mit dieser Härte bleiben beim Gebrauch in der Küche lange genug scharf, sie sind gerade noch für den Wetzstahl geeignet und noch relativ einfach zu schleifen.
  • 58-60 HRC: Härte, die Ihnen im Allgemeinen bei besseren Taschenmessern wie die von Spyderco, Cold Steel und Buck begegnet, sowie bei Küchenmessern aus Japan, z. B. die von Global. Diese Messer bleiben deutlich länger scharf als billigere Messer, aber sie sind bereits ein Stück schwieriger zu schleifen.
  • 60-62 HRC: Messer mit dieser Härte bleiben lange scharf, aber sie können spröde werden, und die Messer sind oftmals schwierig zu schleifen. Mit modernen Stahlsorten sind diese Nachteile einigermaßen zu unterdrücken, aber die Qualität ist sehr stark vom gesamten Produktionsprozess abhängig.
  • 63-66 HRC: Zurzeit sind Messer mit Härten bis 66 HRC erhältlich (Twin Cermax von Zwilling J. A. Henckels). Es sind keine Messer für den Großteil der Benutzer, sondern für eine sehr spezifische Gruppe von Liebhabern. Messer mit einer solchen Härte haben Nachteile wie Sprödheit, als Folge davon Ausbrechen von Stücken in der Klinge bei unsorgfältigem Gebrauch und oft ein niedriger Widerstand gegen Korrosion. Nach Gebrauch also sofort reinigen.

Andere Eigenschaften

Härte ist nicht die einzige Eigenschaft von Stahl. Andere mechanische Eigenschaften sind u.a. die Zugfestigkeit, Zähigkeit (Schlagfestigkeit), Kaltsprödheit.

Daneben ist Korrosionsbeständigkeit eine wichtige chemische Eigenschaft.

Die Härte allein macht daher nicht selig.

Einfluss auf den Preis eines Messers

Der Preis eines Messers aus einer guten, harten Stahlsorte ist deutlich höher als der eines Messers, das aus einer schlechteren Stahlsorte gefertigt wurde.

Der Preisunterschied sitzt nur zum kleinen Teil im Stahlpreis. Es ist die Bearbeitung des Stahls, die den großen Preisunterschied ausmacht.

Das Schleifen der modernen Stahlsorten wie S90V kostet viel mehr Zeit und stellt höhere Ansprüche an die verwendeten Materialien als das Schleifen von z. B. 440C.

Auch ist das Härten und Tempern bei vielen modernen Stahlsorten viel kritischer und muss manchmal von spezialisierten Betrieben übernommen werden.

Die Stahlsorte hat daher einen wichtigen Einfluss auf den Preis eines Messers. Wenn Sie ein wirklich gutes Messer wollen, dann müssen Sie bereit sein, den Preis dafür zu bezahlen. Sie erhalten allerdings dafür dann auch ein hervorragendes Werkzeug.